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Puzzle der Megatrends: Welche Trends bewegen die Immobilienwelt?

Puzzle der Megatrends: Welche Trends bewegen die Immobilienwelt?

 

Immobilien im Spannungsfeld globaler Megatrends – eine strategische Vermessung wirtschaftlicher, politischer und regulatorischer Treiber

Wachstumsgrenzen, Kapitalverknappung, Klimaziele, Demografie, Digitalisierung – die immobilienwirtschaftliche Realität ist längst nicht mehr eindimensional. Vielmehr gleicht sie einem Puzzletableau aus globalen Megatrends, die sich wechselseitig überlagern, verstärken oder konterkarieren. Diese Entwicklungen wirken sowohl auf Cashflows als auch auf Kapitalkosten – und lassen sich nicht ignorieren. Im Gegenteil: Sie erfordern präzise Auseinandersetzung, strategische Verortung und unternehmerische Reaktionsfähigkeit.

Im Rahmen des Webinars „Puzzle der Megatrends“ am 9. Mai 2025 haben sich Prof. Dr. Thomas Beyerle (Biberach University of Applied Sciences) und Maximilian Radert, LL.M., EMBA (KINGSTONE Real Estate) einer Live-Priorisierung durch das teilnehmende Fachpublikum gestellt. Die Puzzleteile – strukturiert in drei Rubriken – wurden per interaktiver Abstimmung gewichtet und diskutiert. Die Videoaufzeichnung des Webinars ist über diesen Artikel abrufbar. In der folgenden Auswahl werden bewusst jene Themen aufgegriffen, die zwar hohe Relevanz im Teilnehmer-Voting erreichten, im Live-Format jedoch nicht vertieft werden konnten.

 

„Demografischer Wandel, Urbanisierung und Klimaziele sind keine Konjunkturphänomene – sie sind strukturelle Treiber, die die Wohnraumnachfrage in der kommenden Dekade prägen wird.“

Prof. Dr. Thomas Beyerle
Professor für Immobilienwirtschaft, Immobilienresearch, Biberach University of Applied Sciences

 

Erste Rubrik – Makrotrends: „America First – und was bleibt für Europa?“

Die Rückkehr protektionistischer Handels- und Industriepolitik in den USA markiert eine strategische Zäsur. Unter einem potenziellen zweiten Trump-Mandat drohen Zölle, Subventionsregime und geopolitisch motivierte Lieferkettenumbrüche – mit weitreichenden Rückwirkungen auf Europa. Laut ifo-Institut könnte das deutsche BIP um bis zu 0,5% sinken, während die Eurozone zwischen 0,5% und 1,1% an Exportleistung verliert. Die deutsche Automobilindustrie wäre mit geschätzten Mehrkosten von 6 Mrd. Euro jährlich besonders betroffen.

Der Ökonom Joseph Stiglitz spricht von einem selbstverschuldeten Schock, der Inflation treibt, Investitionen hemmt und strukturelle Schwächen verdeckt: „Diese Jobs kommen nicht zurück. Und wenn doch, dann machen sie Roboter.“ Die Geschichte zeigt: Von den US-Zollschüben im 19. Jahrhundert bis zum Smoot-Hawley-Tarif 1930 waren protektionistische Phasen ökonomisch destruktiv. Der IWF dokumentiert eine starke Zunahme handelsbeschränkender Maßnahmen seit 2018 – zuletzt mit erneuter Eskalation. Europa steht vor der Herausforderung, wirtschaftliche Resilienz nicht über Autarkie, sondern über gezielte Offenheit, Technologietiefe und Kapitalallokation zu definieren.

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Zweite Rubrik – Marktmechanismen: „Preise, Politik, Perspektiven – Europas Wohnungsmärkte im Vergleich“

Die Wohnungs- und Mietmärkte Europas sind zunehmend von regulatorischer Heterogenität geprägt – mit realwirtschaftlichen Implikationen. Deutschland, Frankreich und Spanien regulieren über Mietpreisbremsen, Grunderwerbsteuern und steuerlich flankierte Förderlogiken. Demgegenüber stehen liberale Modelle wie in Polen, Irland oder Estland, wo die Mietpreisentwicklung nahezu vollständig dem Markt überlassen ist. Polen rückt dabei zunehmend in den Fokus – nicht nur wegen günstiger Fundamentaldaten, sondern auch dank einer schlanken Regulatorik.

Schweden markiert das obere Ende regulatorischer Dichte mit Punktesystemen und kollektiv verhandelten Mieten. Die Niederlande zeigen ein hybrides Bild: Das untere Mietsegment ist stark reguliert, während das mittlere und gehobene Marktsegment weitgehend frei ist. Diese divergierenden Rahmenbedingungen schaffen nicht nur Preisunterschiede, sondern auch strukturelle Divergenzen in der Kapitalallokation. Für Investoren bedeutet das: Marktanalyse muss heute nicht nur ökonomisch, sondern auch juristisch und politisch fundiert erfolgen.

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Dritte Rubrik – Immobilien-Assetklassen: „Der Zielkonflikt zwischen Klimaschutz und Bezahlbarkeit“

Die politisch gesetzten Ziele zur Dekarbonisierung des Gebäudebestands geraten in Konflikt mit der Realität des Marktes – insbesondere im Wohnungsbau. Während Deutschland auf ambitionierte Neubau- und Sanierungsstandards setzt, übersteigen die Baukosten in vielen Regionen bereits die Wirtschaftlichkeitsschwelle. Verglichen mit Frankreich oder Polen liegt das deutsche Neubaupreisniveau deutlich höher – mit spürbaren Auswirkungen auf das Wohnraumangebot.

Das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) beziffert den jährlichen Neubaubedarf auf rund 320.000 Wohnungen. Haupttreiber ist der demografische Wandel: Bis 2030 wird die Zahl der Haushalte laut BBSR um 1,3 % auf 42,6 Mio. Haushalte steigen.
Zwar wurde die Sanierungspflicht aus der EU-Gebäuderichtlinie vorerst entschärft, doch die strukturelle Herausforderung bleibt: Wie lassen sich ökologische Zielpfade mit sozial verträglichen Mieten in Einklang bringen?

Die Balance zwischen Klimazielen und leistbarem Wohnen wird zur strategischen Herausforderung für Investoren. Entscheidend ist die Unterscheidung der Standards: Energieeffizienzklassen orientieren sich am Endenergieverbrauch – direkt spürbar für Haushalte. Effizienzhausstandards hingegen erfassen den Primärenergiebedarf – entscheidend für Förderprogramme und ESG-Ratings. Zwischen beiden liegt ein Bewertungsraum, der künftig Preise, Förderlogiken und Investitionsentscheidungen maßgeblich prägen wird.

Die neue Bundesregierung setzt mit ihrem 500-Milliarden-Infrastrukturfonds ein starkes Signal: Der Wohnungsbau soll wieder Investitionsmotor werden – ökologisch, sozial und bezahlbar. Die KfW bündelt ihre Programme auf Sanierung und Neubau, und es ist absehbar, dass ein erheblicher Teil in die Dekarbonisierung des Wohnimmobilienmarkts fließt.

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Schlussbetrachtung & Ausblick

Das Puzzletableau der Megatrends zeigt sich komplexer denn je. Geopolitische Disruptionen, fragmentierte Regulierungslandschaften und strukturelle Zielkonflikte fordern die Immobilienwirtschaft an mehreren Fronten heraus. Die Zeiten klarer Marktmechanismen sind vorbei; wer heute Kapital allokiert, muss nicht nur ökonomische Fundamentaldaten lesen, sondern regulatorische Signale deuten und geopolitische Szenarien in seine Bewertung integrieren.

Gleichzeitig eröffnen sich neue Chancen: Wer die Dynamik von Inflation, Energie, Technologie und Demografie nicht als exogene Risiken, sondern als endogene Werttreiber versteht, kann strategisch davon profitieren.

Das Webinar „Macro Matters – Puzzle der Megatrends“ war ein erster Schritt, diesem multidimensionalen Wirkungsgefüge Struktur zu geben. Die Resonanz zeigt: Das Bedürfnis nach Einordnung, Priorisierung und gemeinsamer Orientierung ist groß.
Am 13. Juni 2025 wird die Reihe fortgesetzt – mit Prof. Dr. Tobias Just FRICS (IREBS) unter dem Titel: „Städte unter Anpassungsdruck – Zurück zur Dichte, zur Mischung, zum Wohnen?“ Ein Thema, das den nächsten zentralen Megatrend adressiert – urbanen Wandel.

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Über KINGSTONE Real Estate

KINGSTONE Real Estate ist ein institutioneller, eigentümergeführter Immobilieninvestmentmanager und bietet eine Bandbreite an Produkten und Anlagestrategien in den Märkten Deutschland und Zentraleuropa, welche das ganze Renditespektrum von Core bis Opportunistisch abdecken. Unser Fokus liegt hierbei auf ESG-Produkten in den Bereichen Wohnen, Büro und Gesundheit. Darüber hinaus können wir auch Investmentlösungen im Bereich Real Estate Debt anbieten.

Mehr Informationen unter: www.kingstone-re.com

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Ansprechpartner

Maximilian Radert
E: research@kingstone-re.com

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